Schweinegrippe
verläuft meist harmlos
von Dr. Alexander
Meisinger am 27.10.09
Seit Monaten werden wir
durch die fast tägliche
Berichterstattung über eine mögliche
Bedrohung durch die sogenannte
Schweinegrippe in Angst versetzt. Nach
dem Bekanntwerden erster Infektionen mit
dem neuartigen Influenzavirus A/H1N1 in
Mexiko und den USA im April 2009 hat die
WHO am 11. Juni 2009 die Schweinegrippe
zur Pandemie der höchsten Stufe (Stufe
6) deklariert. Seither treffen alle
Nationen Maßnahmen zur Bekämpfung dieser
Grippewelle und hunderte Millionen Euro
werden von den jeweiligen Regierungen
für Medikamente und Impfstoffe
bereitgestellt. Nie wurden Steuergelder
so rasch und ungeprüft ausgegeben wie im
Kampf gegen die neue Pandemie. Auch in
Österreich wurde die Bevölkerung auf
Massenimpfungen vorbereitet.
Hat uns eine Massenhysterie erfasst oder
sind wir tatsächlich tödlich bedroht?
Die
mediale Aufregung über die
Schweinegrippe scheint jedenfalls größer
zu sein als der reale Schaden. Denn ganz
im Gegensatz zu den medienwirksam
vermittelten Schreckensszenarien zeigt
sich der Verlauf der Schweinegrippe als
mild und unkompliziert. In
Österreich hat es nach
Angaben des Bundesministeriums für
Gesundheit unter den bisher 417
gemeldeten Schweinegrippefällen (Stand
16.10.2009) keine
schwerwiegenden Verläufe
gegeben. Komplikationen wie die
lebensbedrohliche Lungenentzündung der
11-jährigen Südtirolerin, die gerade in
Innsbruck behandelt wird, sind sehr
selten. Betroffen sind von der
Schweingrippe hauptsächlich die unter
25-Jährigen (WHO: Pressemitteilung vom
11. Juni 2009), während bei der
saisonalen Grippe vor allem ältere
Menschen gefährdet sind. Die Erkrankten
müssen nach erster
Diagnostik eine Woche zu Hause
bleiben. Bei Risikopatienten
empfiehlt das Bundesministerium für
Gesundheit nach zwei Tagen
Spitalsaufenthalt ebenfalls die
häusliche Behandlung - sofern keine
Komplikationen auftreten.
Der
britische Forscher Tom Jefferson, der
für die renommierte Cochrane
Collaboration alle wissenschaftlichen
Studien zum Thema Influenza auswertet,
sieht in der Schweinegrippe
keinen grundsätzlichen Unterschied zu
einer normalen saisonalen Grippe
und hält die Schweinegrippe-Hysterie für
unbegründet. Damit für die
Schweinegrippe die höchste Pandemiestufe
ausgerufen werden konnte, musste die WHO
Anfang Mai sogar ihre Pandemie-Definiton
ändern: Das Kriterium, demzufolge es
sich bei Pandemiestufe 6 um eine
Krankheit mit hoher Sterblichkeit
handeln müsse, ist einfach entfernt
worden (SPIEGEL vom 18.07.09).
In der
Zwischenzeit wurde seitens der
Pharmaindustrie intensiv an der
Entwicklung von
Schweinegrippeimpfstoffen gearbeitet. In
Österreich wird der Impfstoff CELVAPAN
von Baxter zum Einsatz kommen: Zunächst
werden rund 500.000 Impfdosen geliefert,
ein Vorvertrag auf die Lieferung von bis
zu 16 Millionen Dosen wurde
abgeschlossen. Nach der Zulassung dieses
Impfstoffs durch die EU-Kommission am 7.
Oktober wurde in Österreich die Impfung
am 27. Oktober gestartet. Zunächst
sollen Berufstätige in
Gesundheitseinrichtungen geimpft werden,
ab 9. November soll die Impfung
vorrangig bei Risikopersonen erfolgen:
chronisch Kranke ab dem 6. Lebensmonat
bis zum 49. Lebensjahr und Schwangere ab
der 14. Schwangerschaftswoche. Die
Annahme, dass Schwangere ein vierfach
höheres Risiko haben, bei einer
Erkrankung aufgrund von Komplikationen
in die Klinik eingewiesen zu werden,
beruht auf einer Hochrechnung mit sehr
geringen Fallzahlen: in den USA mussten
11 Schwangere in eine Klinik eingewiesen
werden, 6 Frauen starben an einer
Lungenentzündung (The Lancet 08.08.09).
Die
Impfung erfolgt auf freiwilliger Basis.
Die Kosten übernehmen - mit Ausnahme der
Rezeptgebühr - die
Krankenversicherungen. Prinzipiell kann
sich jeder impfen lassen, der sich
schützen möchte. Den Über-50-Jährigen
wird wie bisher nur die Impfung gegen
die saisonale Grippe angeraten. Das
empfohlene Impfschema sieht eine
zweimalige Impfung im Abstand von
mindestens 3 Wochen vor. Geliefert wird
der Impfstoff nicht wie gewohnt als
Einzeldosis, sondern in einer
Mehrfachdosis-Flasche für 10 Impfungen.
Da keine Konservierungsstoffe beigesetzt
wurden, ist die Gefahr einer
Verunreinigung durch Bakterien groß: Die
10 Impfungen müssen binnen 3 Stunden
getätigt werden. Die Impfung wird in
Impfzentren wie den Gesundheitsämtern,
Bezirkshauptmannschaften oder
Krankenkassen stattfinden.
CELVAPAN ist
ein Ganzvirus-Impfstoff, der im Gegensatz
zu den anderen Schweinegrippe-Impfstoffen
FOCETRIA (Novartis) und PANDEMRIX
(GlaxoSmithKline) nicht in
Hühnerembryonen, sondern in
Säugetierzellen angezüchtet wurde.
Wirkstoffverstärker (Adjuvantien) mussten
CELVAPAN nicht beigesetzt werden. Die
klinischen Untersuchungen über die
Sicherheit von CELVAPAN sind bis jetzt
noch nicht abgeschlossen. Laut
Gebrauchsinformation „ (...) liegen keine
Daten zur Anwendung von CELVAPAN bei
Personen unter 18 Jahren und bei Personen
mit Komorbiditäten [Begleiterkrankungen]
(...) vor“! Es gibt also gerade bei
den Risikogruppen (auch z.B.
Schwangere) keine Daten über
Wirksamkeit und Risiken. Die
Zulassung dieses Impfstoffs stützt sich
auf zwei Studien mit insgesamt 845
Teilnehmern und war nur deshalb so rasch
möglich, weil CELVAPAN auf einem bereits
zugelassenen Vogelgrippeimpfstoff basiert:
Das Vogelgrippe-Antigen (Merkmal) wurde
gegen das Schweinegrippe-Antigen
ausgetauscht.
Wie
unkalkulierbar nur geringe Veränderungen
die Verträglichkeit von Impfstoffen
beeinflussen können, zeigt
das Beispiel des FSME-Impfstoffs
TICOVAC. Dieser Impfstoff galt als sehr
gut verträglich, musste jedoch 2001 nur
14 Monate nach Markteinführung wegen
häufiger und schwerer Nebenwirkungen aus
dem Handel gezogen werden. Der einzige
Unterschied zum Vorläuferimpfstoff
bestand darin, dass die Hilfsstoffe
Albumin und ein quecksilberhältiges
Konservierungsmittel aus der Rezeptur
gestrichen worden waren
(arznei-telegramm 2001; 32: 41-3).
Auch
der für Deutschland bestimmte
Spalt-Impfstoff PANDEMRIX ist ein
modifizierter Vogelgrippe-Impfstoff.
Dieser enthält zusätzlich ein
quecksilberhältiges Konservierungsmittel
und das Adjuvans AS03 (ein
Wirkverstärker aus Squalen, Polysorbat
und Vitamin E) – ein Mischung, die
bisher noch nie in einem handelsüblichen
Impfstoff verwendet worden ist
(arznei-telegramm 25.08.09) und dessen
Nebenwirkungen nicht abschätzbar sind.
Momentan ist in Deutschland eine heftige
Diskussion über eine
Zwei-Klassen-Medizin entbrannt, da
Mitglieder der deutschen Bundesregierung
und das deutsche Bundesheer mit dem
besser verträglichen CELVAPAN geimpft
werden, während die restliche
Bevölkerung PANDEMRIX erhält. Dadurch
ensteht aber fälschlicherweise der
Eindruck, CELVAPAN sei ein sicherer
Impfstoff. Es ist zwar richtig, dass
Impfstoffe mit Wirkverstärkern deutlich
schlechter vertragen werden als solche
ohne, aber Ganzvirus-Impfstoffe
(wie CELVAPAN) weisen eine hohen Rate
an Nebenwirkungen auf und
wurden deshalb schon vor Jahrzehnten
durch die besser verträglichen
Spaltimpfstoffe ersetzt
(arznei-telegramm 16.10.09).
Gerade
bei Massenimpfungen ist eine
sorgfältige Nutzen-Risiko Analyse
wichtig, da sich bei vielen
Impfungen auch die seltenen
Nebenwirkungen zeigen werden: Eine
Nebenwirkung mit der Wahrscheinlichkeit
von 1 Promill würde sich immerhin bei
8000 von 8 Millionen Geimpften zeigen!
Der nachweislich beste Schutz vor einer
Infektion mit dem Schweinegrippe-Virus
ist laut Tom Jefferson, sich regelmäßig
die Hände zu waschen – und nicht eine
Impfung mit ungewisser Wirksamkeit oder
das Medikament Tamiflu, das die
Krankheitsdauer im Durchschnitt nur um
einen Tag verkürzt (SPIEGEL vom
18.07.09) und gerade bei Kindern und
Jugendlichen schwere Nebenwirkungen wie
Dehydrierung nach Erbrechen oder
psychische Störungen hervorrufen kann.
Noch
ein Filmtipp zu diesem
Thema: Die Dokumentation „Profiteure
der Angst – Das Geschäft mit der
Schweinegrippe“ zeigt die
Verstrickungen zwischen Pharmafirmen und
Politikern auf und beleuchtet die
wirtschaftlichen Interessen, die hinter
der Schweinegrippe stehen. Wiederholung
am 31.10.2009 um 10:40 auf ARTE.
Sekretariat
ist ab sofort täglich besetzt
von Dr. Christoph
Abermann
Seit Anfang Oktober ist
unsere Sekretärin - Frau Schmid - täglich
(und nicht mehr nur montags, dienstags und
donnerstags) in der Ordination erreichbar,
und zwar zwischen 8 und 12 Uhr.
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